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Stadtarchiv Bergheim

Gruppe Familien

Forschung und Recherche zu den früheren jüdischen Familien in Bergheim

Genealogie – Familienforschung im Stadtarchiv

Ein wichtiges Werkzeug, um die Informationen zu den jüdischen Familien zusammenzutragen, ist die Genealogie. Der Fachausdruck stammt aus dem Griechischen und heißt soviel wie „die Abkunft ermitteln“. Während Ahnenforschung meist privat betrieben wird, ist die Familienforschung eine historische Hilfswissenschaft, die die menschlichen Verwandtschaftsbeziehungen erforscht und darstellt. Was die Schülerinnen und Schüler der Gesamtschule Bergheim beim Zeitzeugen-Projekt im Stadtarchiv mit Unterstützung von Stadtarchivarin Sara Toschke anhand alter Urkunden und Dokumente herausgefunden haben, zeigen die Links in der Downloadbox.

Ein Besuch im Archiv - Franca berichtet

„Familienforschung ist viel Arbeit“

In der Woche vom 4.-8. Oktober haben wir durch unseren gewählten Projektkurs “Zeitzeugen“ die Möglichkeit gehabt, das Archiv der Stadt Bergheim zu besuchen. Ich war vorher noch nie in einem Archiv und habe es mir genauso vorgestellt. Wir durften uns die Unterlagen genauer anschauen und ich war sehr fasziniert davon, was dort alles war, und fand es unfassbar interessant. Ich wusste zum Beispiel nicht, dass Geburtsurkunden erst nach über 100 Jahren im Archiv aufgenommen werden.

Erstellung von Familienstammbäumen

Auch dachte ich, dass die Erstellung von Familienstammbäumen leichter wäre - aber dies ist es ganz und gar nicht. Es ist mit viel Arbeitsaufwand und Zeit verbunden, denn manchmal braucht man auch Urkunden aus anderen Archiven, sogar weltweit. Wenn jemand in Bergheim geboren wurde, liegt die Geburtsurkunde in Bergheim, ist diese Person aber beispielsweise in Köln geboren, wird die Urkunde im Archiv der Stadt Köln aufbewahrt. Somit ist es sehr kompliziert, eine genaue Stammbaum-Analyse zu betreiben – sobald jemand Bergheim verlässt und im Ausland heiratet, sind die Heiratsurkunden dort zu finden.

Besonders interessant fand ich aber auch die Bücher, in denen die Urkunden aufbewahrt werden. Viele waren schon älter und gehen bis 1800 zurück. In den ganz alten Büchern wird Französisch geschrieben. Das liegt daran, dass unter napoleonischer Herrschaft Französisch die Amtssprache war. Aus dem ältesten Protokollbuch der Stadt wissen wir, dass er sogar zu dieser Zeit mit seinen Truppen selbst in Bergheim war. Interessant war auch, dass sich von Jahr zu Jahr die Schrift verändert hat – die Buchstabengröße, Stil und Wortwahl.

Dokumente, die das Leid der jüdischen Bevölkerung und weiterer Opfer des Nationalsozialismus vertuschen

Sara Toschke, die Bergheimer Stadtarchivarin, zeigte uns auch, wie während des Nationalsozialismus die Deportation und Ermordung von Juden mit Geschichten vertuscht wurde – was damals niemand hinterfragt hat. Zum Beispiel hat sie uns die Meldekarten gezeigt, wo man sie als „Abgewandert“ gekennzeichnet hat, obwohl sie deportiert wurden. Ein anderes Dokument vertuschte aber auch das Leid anderer Opfer des Nationalsozialismus. Ein Bürger war für psychisch krank erklärt worden, weshalb man ihn in eine besondere Einrichtung gebracht hat. Der Familie sagte man, dass er angeblich an Organversagen gestorben ist, was natürlich nicht stimmte. Dies fand ich persönlich sehr erschreckend: Es ist etwas ganz anderes, dies selbst zu lesen, und hat uns noch einmal gezeigt, wie schlimm diese Zeit war und was diese Menschen durchmachen mussten. Leider gibt es kaum noch Zeitzeugen, die davon erzählen möchten oder können.

In der Gruppe „Familie“ waren Franca, Pascal, Chris, Nemir, Ilayda, Ibrahim und Tabea (Oktober 2021)

Familie Simons aus Quadrath

Die Familie Simons geht in ihrem Ursprung auf Schmagi Levy zurück, der im 18. Jahrhundert in Büsdorf lebte. Seine Urenkel Philipp und Sally sowie die Urenkelinnen Ida und Rosa wurden dann in Quadrath heimisch. Während Sally und Rosa kinderlos blieben, setzten deren Neffen und Nichten die Etablierung der Familie in Quadrath fort. Es war das NS-Regime, welches den Quadrather Juden und Jüdinnen durch den Terror des Holocaust ein Ende setzte. Lediglich Sally Simons und seine Großnichte Rosa Eckstein überlebten die Gräueltaten. 

Die Überlebenden aus Bergheim berichten

Ehrenbürger und Träger des Bundesverdienstkreuzes

Sally Simons war Kaufmann und wurde am 7. April 1900 in Ichendorf geboren. Seine Familie ist über 300 Jahre im Rheinland beheimatet. Er war mehrmals verheiratet und hatte einen Stiefsohn. Josef Schmagi Simons und Gudula Leyser waren seine Eltern, die noch vor dem 2. Weltkrieg gestorben sind. Er hatte vier Geschwister Phillip, Ida, Max und Carola Simons. Im Jahr 1939 lebten im Kreis Bergheim noch 165 Juden.

Deportation und Lager

Am 07.12.1941 wurde Sally Simons mit dem ersten Transport von Köln nach Riga gebracht, welcher um die 1000 Personen umfasste. Dort war er ein Jahr und kam dann ins Lager Salaspils. Nach einem weiteren Jahr kam er zurück nach Riga. 1943 wurde das Ghetto Riga aufgelöst und Sally Simons wurde in das KZ Kaiserwald gebracht. In vier Jahren wurde er in viele verschiedene Lager gebracht - keiner kann sich vorstellen, was er Grauenhaftes erlebt haben muss. Überliefert sind Briefe, die er seiner Schwester Ida und seiner Nichte und Familie in London schickte.

Nach Kriegsende kehrte er als einer der drei einzigen Überlebenden Bergheimer Juden in seine Heimat zurück. 1951 war er bereits Mitglied in der Freiwilligen Feuerwehr, Ehrenbürger von Quadrath-Ichendorf, Träger des Bundesverdienstkreuzes, Kommunalpolitiker, Schützenbruder und Mitglied im Radfahrverein „Staubwolke Quadrath“. Er starb am 7. Juli 1977 im Alter von 77 Jahren und ist in Quadrath-Ichendorf beerdigt.

geschrieben von Franca

Auszüge aus seinen Briefen und Aussagen - gelesen von Johannes

Brief Sally Simons vom 01.09.1946
Brief von Sally Simons vom 17.05.1946
Sally Simons vor dem Landgericht Hamburg zum Rigaverfahren gegen Maywald

Die schwere Heimkehr einer Überlebenden

Rosa Eckstein, 1914 in Ichendorf geboren, ist die Nichte von Sally Simons. Sie arbeitete als Verkäuferin und wurde 1941 ins Ghetto Riga deportiert. Sie überlebte, konnte aber erst um 1957/58 aus Riga nach Köln zurückkehren. Dort starb sie am 16. Januar 1967 und ist auf dem jüdischen Friedhof in Köln-Bocklemünd begraben. Bis 1947 war es ihrer Familie unklar, ob Rosa überlebt hat. Von ihr gibt es Briefe und Fotos aus Riga an ihre emigrierte Schwester Herta in London, aus denen wir Auszüge vertont haben.

Auszüge aus ihren Briefen - gelesen von Caro
Rosa Eckstein berichtet Schwester Herta über die Deportation aus Köln

Erläuterungen und Hinweise

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